Kann Osteopathie Babys und Kleinkindern dabei helfen, besser zu schlafen und was sind die Ursachen von Schlafstörungen?
Wir haben zwei Experten gefragt – Tobias Knop von der Praxis für Osteopathie und Daniel Niehaus vom Osteopathischen Zentrum für Kinder und Erwachsene. Und von ihnen haben wir eine sehr ausführliche Antwort auf unsere Frage bekommen:
Unsere Experten: Durch die Geburt, vor Allem mit Komplikationen wie z.B. Kaiserschnitt, Saugglocke, Zange, Frühgeburt, Nabelschnurumschlingung etc. kann die Vitalität des Säuglings beeinträchtigt sein. Durch den Druck auf den Körper im Geburtskanal kann eine Kompression der Gelenke stattfinden.
Besonders häufig betroffen sind aufgrund der Drehung des Kindes unter der Geburt die Kopfgelenke und auch das Kreuzbein mit dem Iliosacralgelenk. Da die Schädelknochen noch besonders weich und formbar sind, um die Geburt und das Wachsen des Gehirns zu ermöglichen, sind auch diese anfällig für Kompressionen.
Es kann zu Irritationen und Funktionsstörungen der Hirnnerven kommen im Bereich der Kopfgelenke und der Schädelbasis. Hier sind gerade die Hirnnerven IX, X, XI, XII betroffen, welche die Versorgung des Rachens, der Eingeweide, der Zunge, und der Schultergürtel- und Nackenmuskulatur übernehmen.
Das Baby kann in diesem Beispiel unter Koliken leiden, evtl. Probleme beim Saugen und Schlucken haben, was eine erschwerte Nahrungsaufnahme bedeutet und dadurch viel Luft im Magen. Möglicherweise ist die Drehung des Kopfes eingeschränkt, da die Kopfgelenke nicht frei beweglich sind oder aber die Muskulatur verspannt ist.
Eine weitere Folge der Kompression der Nacken und Hinterhauptsregion könnte eine Irritation des Rückenmarks sein. Diese Kinder sind oft motorisch unruhig, gelten als sehr wach und neugierig, schlafen schlecht ein. Außerdem überstrecken sie sich häufig und können auch viel schreien. Oft werden diese Babys als Schreikinder bezeichnet.
In der Osteopathie behandeln wir immer auch die Organe mit und das sogenannte Bauchfell, also den bindegewebigen Sack, in dem die Organe ihren Platz finden. Somit versucht man z.B. bei Bauchschmerzen oder viel Luft im Bauch dem Kind zu helfen. Eine Mobilisation der Wirbelsäule mit seinen Segmenten und den dazugehörigen Nerven soll auch die Funktion der Verdauungsorgane harmonisieren.
Über sanfte Techniken wird auch das vegetative Nervensystem behandelt, also das System, welches die unbewussten Vorgänge im Körper steuert wie z.B. Schlaf, Verdauung, Atmung usw. Viele Kinder sind hier übererregt und zu stark im Sympathikus, sprich im Stress-Modus. Der Gegenspieler, der Parasympathikus hat die Funktion der Erholung und Verdauung und dessen Stimulation ist Bestandteil fast jeder osteopathischen Behandlung. Dazu gehört dann z.B. die Mobilisierung der Rippengelenke und Brustwirbelsäule. Das Zwerchfell gehört dazu, weil direkt unter diesem der Solarplexus liegt, ein weiteres wichtiges vegetatives Zentrum.
Somit umfasst die Behandlung eigentlich immer den ganzen Körper und fokussiert sich nicht nur auf ein einzelnes Symptom oder eine Region. Oft kann allein schon die Berührung und das Halten des Kindes bewirken, dass sich im Körper etwas zum positiven verändert. Berührung ist unheimlich wichtig für Säuglinge und es gibt eine Studie, die besagt, dass Babys mehrere Tage ohne Nahrung auskommen, aber nur 1,5 Tage komplett ohne Berührung. Also sind wir Therapeuten auch beratend tätig, geben Hausaufgaben und Tipps mit.
Dabei wäre es wichtig zu verstehen, dass man mit einer ganzheitlichen osteopathischen Behandlung versuchen kann, körperliche Ursachen von Schlafstörungen zu beseitigen. Was danach immer noch zurückbleibt, sind verhaltenstechnische Folgen aus den Zeiten, als die Eltern alles getan haben, um ihrem Baby beim Einschlafen und Durchschlafen zu helfen. Intensives Tragen, Wiegen, Schaukeln usw. führt leider sehr oft dazu, dass die Kinder gar nicht mehr ohne Hilfe einschlafen können. Auch zum Wiedereinschlafen in der Nacht sind sie dann auf aktive Assistenz der Eltern angewiesen. Hier kann man aber, soweit Bedarf besteht, mit sanftem Schlaftraining das selbstständige Ein- und Durchschlafen fördern.
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